Am Dienstag, 11. Juli 2023 veranstaltete die Liste Mensch und Umwelt in Niefern-Öschelbronn einen Informationsabend zur Trinkwasserversorgung mit dem Wasserexperten Kai Baudis. Er ist Mitglied im Landesvorstand des BUND in Baden-Württemberg und hauptberuflich Betriebsleiter der Wasserwerke Donaueschingen. Die Veranstaltung fand stimmungsvoll auf dem Biohof Hottinger in Niefern statt. In seiner Einführung in das Thema erläuterte LMU-Beirat Reinhard Funcke, dass in Zeiten des Klimawandels viele Wasserversorgungssysteme vor neuen Herausforderungen stehen. Auch Niefern-Öschelbronn wird sich mit der Notwendigkeit konfrontiert sehen, ihre Trinkwasserversorgung nachhaltig so zu gestalten, damit die Auswirkungen des Klimawandels bewältigt werden können. Der Klimawandel führt zu einer Zunahme von Extremwetterereignissen wie Dürren und Starkregen. Die Veränderungen haben direkte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Trinkwasser.

Kai Baudis wies die ca. 70 Besucher mit zahlreichen statistischen Kennwerten auf massive Veränderungen hin – Klimawandel und Flächenverbrauch würden die Grundwasserquellen schon in den nächsten Jahren gefährden. Aus seiner Sicht ist der langfristige Trend klar erkennbar: „Seit Jahren mehren sich heiße Sommer und es gibt immer häufiger außergewöhnlich starke Regenfälle und Überflutungen.“ Bis zum Jahr 2040 werde die Erwärmung um drei Grad steigen, dies erwarteten die Experten noch bis vor kurzem erst 2100, erläuterte Baudis. Dadurch wird die Neubildung von Grundwasser erheblich abnehmen, um 25% bis zum Jahr 2050. Dies und das Abnehmen der Alpengletscher, die der Bodenseewasserversorgung fehlen werden, wird man in Baden-Württemberg durchaus spüren, ohne dass sich unser Land in eine Wüste verwandeln würde.  Damit ist der Auftrag für die Kommunen und Kreise in Baden-Württemberg klar: es ist alles zu unternehmen, was die Grundwasserneubildung fördert und alles zu lassen, was die Trinkwasserversorgung beinträchtigen könnte.

Von links: Julian Hottinger (Juniorchef Biohof Hottinger), Kai Baudis (Vortragender), Zeljko Beljanski (Vorsitzender LMU)

Was heißt das für das geplante Gewerbegebiet Reisersweg? Kai Baudis formulierte dies so: im Hinblick auf die Gewährleistung der Daseinsvorsorge ist ein Wasserschutzgebiet 2B wichtiger als ein Gewerbegebiet. Zumal dieses durch die technisch sehr aufwendigen Schutzmaßnahmen sich deutlich verteuern würde und per se trotzdem eine Gefährdung der Brunnen in den Enz Auen darstellen würde. Außerdem, so Baudis, müsste durch eine wissenschaftlich anerkannte Tracer-Untersuchung geklärt werden, ob gefährdende Stoffe eindringen können. Warum dies bisher noch nicht geschehen, ist aus seiner Sicht unverständlich. Hinzu kommt, dass die Familie Hottinger das Gewerbegebiet als Bedrohung ihrer Existenz erlebt, gehen doch 2 Hektar wertvolles Weideland verloren, die auch der Grundwasserneubildung verloren gehen.

Von links: Zeljko Beljanski (Vorsitzender LMU + Gemeinderat) Rainer Jahn (LMU), Reinhard Funcke (LMU-Beirat), Jochen Schneider (LMU-Gemeinderat), Britta Jahn (LMU-Gemeinderätin) Pina Stähle (Grüne-Kreisrätin), Stefanie Seemann (Grüne Landtagsabgeordnete), Rita Talmon (LMU-Kreisrätin), Bernd Kauffmann (Grüne-Kreisrat)

Über den Reisersweg gibt es schon lange kontroverse Diskussionen, wobei sich zeigt, dass diejenigen Institutionen, die direkt mit dem Trinkwasser zu tun haben, das Gewerbegebiet einhellig ablehnen. Gesundheitsamt, das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), das Technologiezentrum Wasser (TZW), der Landesnaturschutzverband sowie Stadt und Stadtwerke Pforzheim schätzen die Verwirklichung als zu gefährlich für die Wasserversorgung ein.

Schlussendlich sieht Kai Baudis hohe Hürden für die Umsetzung des Gewerbegebietes.

Am Ende des Vortrages konnten sich die Besucher mit Getränken versorgen und es ergab sich noch eine lebendige Diskussion.